Nun ist es schon eine Weile her, seitdem ich meinen letzten großen Blogeintrag verfasst habe. Microblogging ist eben eine praktische Sache. Jedoch reichen diesmal 140 nicht aus, um das iPad zu fassen. Die Meinungen darüber gehen weit auseinander und sind meist auch nachvollziehbar. In diesem Eintrag möchte ich daher versuchen meine Gedanken zum Thema auszuführen. Zunächst möchte ich daher drei grundsätzliche Haltungen nochmals kurz zusammenfassen:

  1. Das iPad ist ein zu großes iPhone/iPod touch: Häufig wird das iPad auch als zu großes iPhone bzw. iPod Touch tituliert. Von der hardware-technischen Seite her, ist klar, dass die Nähe kaum größer sein könnte. Alle drei Geräte nutzen Multitouch, haben ARM-Technik inside und sehen sich auch optisch verdammt ähnlich. Zudem beschweren sich viele Mensch, dass dem iPad Features des iPhone wie eine Kamera fehlen und es daher noch weniger Sinn mache.
  2. Das Netbook kann mehr: Die zweite Meinung in bezug auf das iPad bezieht sich auf die Konkurrenz zum Netbook, welches Steve Jobs in seiner Keynote als billiges Notebook bezeichnete, dass in keiner Kategorie besser sei. Im direkten Vergleich zum Notebook mag das größtenteils stimmen. Jedoch fragen sich viele, was denn nun das iPad besser mache und stellen hier vor allem Multitasking und eine „echte“ Tastatur in den Vordergrund, was Netbooks mit sich bringen.
  3. Das iPad unterstützt kein Flash und hat kein richtiges OS: Die dritte Meinung kritisiert vor allem das Fehlen einer Flashuntersstützung und kritisiert, dass das iPad kein vollwertiges MacOSX habe, sondern nur das iPhone-Derivat. In bezug auf Flash wird häufig mit klaffenden Lücken in Webseiten und der Nicht-Abspielbarkeit von Videos argumentiert. Hier betonte Jobs als Gegenargument, dass HTML5 die Zukunft gehören werde. In der Tat stellt z.B. Youtube heut schon einen noch experimentellen HTML5-Support, der ohne den Flash-Player auskommt. Jedoch wird hier deutlich, wie eingeschränkt das OSX-Derivat zu sein scheint. Hieran knüpft auch die Diskussion an, welche die Nachteile des OS aufzählt. In Kombination mit den fehlenden Anschlüssen ist man gezwungen sein iPad am Mac oder PC mit Daten zu betanken, wenn man nicht alles über den iTunes-, den App- oder iBooks-Store bezieht. Man kann lediglich per (zusätzlich zu kaufenden) Adapter SD-Karten auslesen. Das iPad ist daher in diesem Sinne kein vollwertiger Rechner.

Wie man sieht, gibt es viele Argumente, die nicht nicht unbedingt für das iPad sprechen. Dazu beigetragen hat vor allem die Erwartungshaltung im Vorfeld der Keynote. Hier bewies Apple, dass sie verstehen, wie man mit minimalem Aufwand viel Werbung machen kann. Sei es in Foren, Nachrichtenportalen oder im Fernsehen. Kaum einer konnte sich dem iPad entziehen und dementsprechend gab es viele Gerüchte und eine entsprechend hohe Erwartung.
Diese Erwartung wurde wohl bei einem Großteil der Betrachter enttäuscht (siehe Argumentationen oben). Ich persönlich war und bin von diesem Gerät sehr angetan. Dies hat sich auch mit dem Video der Keynote verstärkt, welche das Gerät auch mal in Aktion zeigten (die Text- und Bildhappen hatten mich anfangs nicht ganz überzeugt). Daher möchte ich nun kurz meine ganz persönlichen Gedanken zu diesem Gerät auflisten. Hierbei möchte ich auch auf die bereits vorgestellten Argumentationen eingehen.

Das iPad ist kein iPhone/iPod touch
Ausgehend vom Standpunkt der Hardware schließe ich mich an, dass es wenige signifikate Unterschiede (bis auf Takt, Speicher und diverse Hardware-Beschleuniger) gibt. Das hat erstmal den Vorteil, dass das iPad fast alle bisherigen iPhone-OS-Apps nutzen kann. Ich denke der entscheidene Vorteil dieses Gerätes ist sein großes Display. Das macht bei iPhone-Apps wenig Sinn, da diese nur hochskaliert werden. Der zentrale Punkt hierbei sind/werden iPad-Apps sein. Auf der Keynote wurde eine Version von iWork für das iPad gezeigt. Solche produktiven Anwendungen sind auf einem iPhone meiner Meinung nach allein wegen des Größenfaktors unmöglich. Zudem gibt es auch ein größeres „virtuelles“ Keyboard, was Arbeit am und mit dem Text verbessert. Schaut man sich solche Apps an, dann sieht man, wie gedrungen iPhone-Apps (insb. bei Text) wirken. Zudem wurden beim iPad OS (einem Derivat des iPhone OS) auch Ordnerstrukturen für bearbeitbare Dokumente ermöglicht. Letztlich sehe ich hier ein Gerät, mit welchem man mobil und produktiv sein kann. So etwas sehe ich beim iPhone/iPod touch nicht.

Das iPad ist ein/kein Netbook-Killer
In bezug auf die Netbooks (und dem Vergleich zum iPad) bin ich einer zweigeteilten Meinung. Ich selber nutze ein Macbook und habe meist viele Programme offen. Das ist bei Netbooks möglich und beim iPad sehr stark beschränkt (nur Apple-Apps wie Safari&iTunes z.B.). Doch das muss man nicht als Nachteil sehen für dieses Gerät. Ich persönlich bin einen Großteil meiner Zeit am Rechner im Internet und mache außer Musik wenig nebenher. Daher sehe ich Multitasking auch nicht als Problem beim iPad an. Ganz subjektiv finde ich es sogar besser, da ich nicht verleitet werden kann mich per IM ablenken zu lassen, sondern mich auf eine Sache zu konzentrieren. Zumal ich unterwegs sowieso nicht so viele Aufmerksamkeitsressourcen habe. Ich denke in dieser Beziehung geht Apple den Weg, welcher die Netbooks mit Moblin oder ChromeOS gehen werden (Smartbooks zudem auch).
In puncto Kombination von Software und Hardware finde ich das iPad dem Netbook-Konzept überlegen. Das hat drei ganz pragmatische Gründe: zum einen hat das iPad eine sehr lange Akkulaufzeit von 10 Stunden, welche auch für Video genutzt werden kann. Bei bloßem Musikhören sollen es laut Apple gar 140 Stunden sein. Hier zeigen sich die Vorteile der ARM-Architektur, welche sehr Energieeffizient sind. Die Atom-CPU in Netbooks ist zwar ein Alleskönner, aber insb. in Kombination mit 945er-Chipsatz-Derivaten nicht gerade sehr Energieeffizient. Daher haben viele Geräte nur 3 Stunden Akkulaufzeit. Natürlich gibt es auch Geräte mit stärkeren Akkus und/oder sparsameren Chipsätzen. Jedoch haben diese den Nachteil, dass sie durch größere Akkus größer und schwerer werden. Dies sehe ich als zweiten entscheidenden Vorteil des iPad. Mit knapp 700g ist es sehr leicht. Zudem ist es sehr flach. Der dritte große Vorteil ist das Display. Zum einen ist das iPad-Display technisch sehr gut. Zum anderen kann man es drehen und passt sich so sehr gut an hoch- und querformatige Dokumente an.
Insgesamt ist das iPad ein sehr sparsames und ausdauerndes Gerät, welches perfekt auf das mobile Arbeiten mit Dokumenten ausgelegt ist. Okay, ich will nicht verschweigen, dass man damit auch surfen, Filme gucken und Musik hören kann. Aber für mich ist insbesondere die Produktivität und Mobilität sehr wichtige Argumente.

Flash? Warum eigentlich? Und warum ein „vollwertiges“ OS?
Zu Flash sei nur gesagt, dass ich es gut finde, dass es nach und nach durch HTML5 ersetzt wird. Das ist insbesondere deswegen gut, da HTML5 nicht properitär ist und somit auf längere Sicht der neue Webstandard wird. Im Zusammenhang mit OSX ist Flash zudem sehr ressourcenfressend. Jeder der ein Flashvideo mit dem Macbook guckt, wird von einem aufheulenden Lüfter und einer hohen CPU-Auslastung genervt. Wo das Problem liegt ist nicht genau zu bestimmen. Hier geben sich Apple und Adobe gegenseitig die Schuld. Der Verzicht auf Flash bringt aber auch den Vorteil, dass man keine Software von Dritten mehr brauch, welche potentiell mehr Sicherheitslücken mit sich bringt.
Kommen wir nun zum Betriebssystem des iPad. Hier ist die Kritik darüber groß, dass es nicht viel mehr als ein iPhone-OS ist und kein vollwertiges OS 10.6. Jedoch habe ich das Gefühl, dass viele dabei zwei Faktoren nicht bedenken: zum einen die Logik eines vollwertigen Betriebssystems und zum anderen die Hardware. Bei der Logik eines OS wie OS 10.6 oder auch Windows XP/Vista/7 denken viele vor allem an die Vielfältigkeit der Software, an Programme wie FTP-Clients, Entwicklungsumgebungen oder die Adobe Creative Suite. Jedoch sehe ich einen sehr großen Nachteil in dieser OS-Logik: sie ist nicht für Multitouch, sondern für Maus und Tastatur gebaut. Ich stelle mir immer vor, wie es wäre OSX mit den Fingern zu steuern. Und ich komme immer wieder zu dem Schluss, dass Finger für solche Betriebssysteme keine optimalen Eingabegeräte sind. Daher finde ich es nur logisch, dass Apple ein OS nimmt, welches für Eingaben mit dem Finger konzipiert ist. Hier wird auch wieder deutlich, dass Apple ein vitales Interesse daran hat auch Macs als produktive und flexible Alleskönner zu verkaufen, die man aber vielleicht nicht immer mit sich tragen möchte. Auch von Seiten der Hardware wäre ein vollwertiges OS beim iPad fehl am Platze. Das iPad ist zunächst kein Hochleistungsrechner. Vielmehr bewegt es sich irgendwo zwischen Smartphone und Netbook. Doch durch die perfekt angepasste Software ist es für das, was es tut, sehr schnell. Und durch das sparsame und eingeschränkte iPhone-Derivat wird dies letztlich erst möglich (insb. beim RAM-Bedarf).

Ich denke Apple hat ein Gerät geliefert welches im universitären Bereich sehr gut nutzbar ist (die Fähigkeit Präsentationen zu erstellen und auf einem Beamer wiederzugeben ist hierbei für mich zentral (auch wenn man wieder einen Adapter kaufen muss, was ich etwas nervig finde)). Ich sehe zudem das größte Potential bei Menschen, denen ein vollwertiger Computer mit vollwertigem OS einfach zu viel ist. Hier insbesondere sehr junge und ältere Menschen. Der Erfolg einer Konsole wie der Wii, welche im Vergleich zur XBox 360 und PS3 wenig Leistung und Features hat, bei teilweise höherem Preis, sollte hierbei vielleicht nicht vergessen werden.